Todesbedrohung vorkommt (A. Freud, 1987, S. 293 ff.) und gleichzeitig hierbei auch eine Persönlichkeitsspaltung, Dissoziation, durchgeführt wird? Dass dann die Persönlichkeitsspaltung, quasi wie ein Behälter, Container; fungiert? Bildet das Opfer ein Containment, um die Aggressionen und die Affekte und Persönlichkeitsmerkmale des Aggressors, soweit möglich, aufzunehmen, um das traumatische Erleben in sich einzukapseln? [23] Können wir hierin ein bioanalytisches Gesetz vermuten? Kann die Psyche vorhandene biologische (und physikalisch-chemische) Naturgesetze und Vorgänge (z. B. Zellteilung) so für die Psyche des Individuums nutzen, wie es gerade notwendig erscheint? Kennt die Psyche die irdischen Naturgesetze? Alle? Weitere Überlegungen hierzu folgen weiter unten.

Vielleicht hat Eissler Mephisto als Persönlichkeitsspaltung Goethes empfunden, wenn auch in seiner Goethe-Studie der Begriff „Persönlichkeitsspaltung“ nicht vorkommt (auch Hexenküche nicht), wenn er schreibt: „Es scheint mir […], dass Mephisto […] autonom wurde und begann, eine eigene Entwicklung zu nehmen“ (Eissler, 1984b, S. 71).

Möglicherweise hat Eissler vermieden bei Goethe eine Persönlichkeitsspaltung zu diagnostizieren, wenn auch Faust und Mephisto sich dazu sehr anbieten. W. Linden (1996) hat eine narzisstische Persönlichkeit Goethes festgestellt, eine Spaltung der Ich-Identität bei Goethe, die ihren Ausdruck in den Charakter-Paaren seiner Dichtung gefunden habe. Das auffällige Duo Faust-Mephisto findet allerdings in seiner Arbeit bei der Aufzählung dieser Paare keine Erwähnung. Freud schreibt: „Von der Depersonalisation führt der Weg zu der höchst merkwürdigen „ Double Conscience ‘, die man richtiger, Persönlichkeitsspaltung‘ benennt. Das ist alles noch so dunkel, so wenig wissenschaftlich bezwungen, daß ich mir verbieten muß, es vor Ihnen weiter zu erörtern“ (S. Freud, SE 22, S. 245).

Matussek meint, dass das Verhältnis von Faust und Mephisto nicht eindeutig nach Funktionen auseinanderzudividieren sei. Mephisto sei „weniger als autarker Gegenspieler denn als Seelenaspekt Fausts, als sein anderes Ich.“ Die Kommentatoren würden, je nachdem, wie deren Auffassung sei, meinen, dass es sich „um ein Duell zwischen autarken Gegnern oder um eine innere Dynamik Fausts handelt“ (Matussek, 1996, S. 374). Auden (1963)


[23] Bohleber (2012, S. 124) zitiert E. Hopper: „[…] Einkapselung (Containment) diene der Abwehr der Vernichtungsangst. Den Inhalt der Einkapselung bilden Selbst, Objekt und die verschiedenen Aspekte der traumatischen Situation. Hopper betont den realistischen, fixierten Charakter dieser Konfiguration. Sie bildet einen inneren Fremdkörper in der Psyche […].“